Die Aufarbeitung der Vergangenheit aus japanischer
Sicht Toru Kumagai
Der Vortrag wurde am 8. Juni 2006 in der
Gedenkstaette Deutscher Widerstand in Berlin
gehalten (Organisator: Internationales Auschwitz-Komitee)
1
Einleitung
Meine Damen und Herren,
Herr Christoph Heubner,
Ich moechte mich zunaechst herzlich bedanken,
das Sie mir eine Gelegenheit gegeben haben,
hier einen Vortrag zu halten. Es ist eine
grosse Ehre fur mich.
Ich moechte mich Ihnen kurz vorstellen..
Ich bin in Tokio geboren und habe in Tokio
Volkswirtschaftswissenschaften studiert.
Ich habe 8 Jahre beim japanischen oeffentlich-rechtlichen
Fernsehsender NHK (Japanisches Fernsehen)
als Redakteur und Korrespondent gearbeitet.
Ich war auch als Auslandskorrespondent in
Washington DC taetig.
Seit 16 Jahren wohne ich in Muenchen und
arbeite ich als freiberuflicher Journalist
fur verschiedene japanische Medien. Bisher
habe ich 2 Buecher uber die Wiedervereinigung
und 4 Buecher uber verschiedene Aspekte von
Deutschland in Japan veroeffentlicht.
Die Aufarbeitung der Vergangenheit in Deutschland
war und ist eins der wichtigsten Themen fuer
mich. Ich habe zahlreiche Artikel zu diesem
Thema in Japan veroeffentlicht und Vortraege
gehalten.
2
Was kann man von der Auseinandersetzung mit
der Geschichte lernen?
Es war im Jahr 1979, dass ich die erste Begegnung
mit den Bemuehungen der Deutschen hatte,
sich mit der Vergangenheit auseinander zu
setzen. Der Anlass war ein deutsches Schulbuch.
Damals war ich noch Student und habe fuer
die Tochter einer japanischen Familie, die
5 Jahre in Deutschland verbracht hatte, Nachhilfeunterricht
gegeben. Da sie in Deutschland an einer deutschen
Schule gelernt hatte, brauchte sie Hilfe
im Japanisch. Das Maedchen hat mir ein Schulbuch
gezeigt, das sie beim Geschichtsunterricht
in Deutschland benutzt hatte.
Da habe ich zum ersten Mal bemerkt, wie detailliert
und umfangreich deutsche Schuler ueber das
dunkle Kapitel ihrer Geschichte informiert
werden. Das Schulbuch schilderte mit grauenvollen
Fotos und Augenzeugenberichten, wie das verbrecherische
Nazi-Regime den beispiellosen Voelkermord
in die Tat umsetzte. Ich war beeindruckt,
weil das Schulbuch dargestellt hat, wie sich
das deutsche Volk gleichschalten liess, und
viele zu Taetern wurden.
Diese Erfahrung machte mir bewusst, wie wenig
ich in der japanischen Schule ueber den Zweiten
Weltkrieg und die Greueltaten an der asiatischen
Bevoelkerung durch die japanische Armee gelernt
hatte. Der Geschichtslehrer hatte nur ganz
kurz uber den Zweiten Weltkrieg unterrichtet.
Im japanischen Schulbuch war das Verbrechen
der Japaner waehrend des Krieges nicht erwaehnt.
Ich wollte genauer wissen, warum sich die
Deutschen so intensiv mit der Vergangenheit
auseinander setzen
Nach dem Studium wurde ich Fernsehjournalist. Ich habe im Jahre 1989 zusammen mit einem japanischen Regisseur ein einstuendiges Fernsehprogramm ueber die Bemuehungen der Deutschen, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen, produziert. Fur dieses Programm habe ich 3 Monate in Deutschland und Polen recherchiert und die Dreharbeiten gemacht.
Bei dieser Recherche habe ich die Aktion
Suehnezeichen besucht und Herrn Heubner kennengelernt.
Mit Hilfe von Herrn Heubner und Frau Helga
Sibaei konnten wir eine Gruppe der deutschen
Schueler von einer Berufsschule in Berlin
begleiten, die eine Studienreise zur Gedenkstaette
Auschwitz gemacht hat. Mit den Schuelern
haben wir im Haus der Begegnung in Oswiencim
gewohnt und viel mit ihnen gesprochen. Wir
konnten im Programm detailliert darstellen,
wie deutsche Jugendliche ueber die Verbrechen,
das unter dem deutschen Namen begangen wurden,
nicht nur durch die Besichtigung des Museums
sondern auch durch die Arbeit und das Gespraech
mit den ehemaligen Haeftlingen gelernt haben.
Ich habe bemerkt, das es fur manche empfindliche
Schuler hart war, sich mit den grauenvollen
Tatsachen auseinander zu setzen. Gleichzeitig
habe ich gelernt, wie wichtig es ist, die
Vergangenheit nicht nur von Buechern und
Filmen zu lernen sondern auch durch Arbeit
vor Ort und Gespraeche mit den ehemaligen
Haeftlingen zu verinnerlichen.
In unserem Dokumentarfilm haben wir auch
ueber die Schulbuchkonferenz zwischen den
deutschen und polnischen Historikern, den
Inhalt des Schulbuchs und die Strafverfolgung
der Nazi-Verbrecher berichtet. Ich habe eine
polnische Professorin in Warschau interviewt,
die ich bei der Schulbuchkoferenz kennengelernt
hatte. Sie war 15 Jahre als als sie ins Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau geschickt wurde. Sie zeigte
mir die taetowierte Haeftlingsnummer und
die Wunden durch Folter am Arm. Es war das
erste Mal, das ich nach dem Interview geweint
habe. Dieses Erlebnis hat bei mir den Schrecken
der Gewaltherrschaft tief eingepraegt.
Auch danach habe ich mehrmals mit den ehemaligen
Haeftlingen gesprochen und Gedenkstaetten
besucht. Insbesondere hat mich die Gedenkstaette
Yad Vashem in Jerusalem, die ich zweimal
besucht habe, betroffen und nachdenklich
gemacht.
Manche Deutsche wundern sich, warum sich
ein Japaner fur die Aufarbeitung der deutschen
Vergangenheit interessiert.
Wir koennen den beispiellosen Volkermord
an den Juden und die Verfolgung der anderen
Opfer durch die Nazis mit den Verbrechen
der japanischen Armee in Asien nicht vergleichen.
Japanische Soldaten haben zwar asiatische
Bevoelkerung und Kriegsgefangene zum Teil
schon brutal misshandelt, und starkes Gefuehl
der Diskriminierung gegen Chinesen und Koreaner
war in der japanischen Bevoelkerung verbreitet.
Asiatische Bevoelkerung wurde zum Teil nach
Japan verschleppt, zur Sklavenarbeit fuer
japanische Unternehmen gezwungen, und manche
Kriegsgefangene als Versuchskaninchen fuer
verbrecherische Menschenversuche der Spezialeinheit
fur biologische Kampffuehrung missbraucht.
Aber in Asien gab es keinen Voelkermord in
den fast industrialisierten Toetungsanlagen
wie in Auschwitz-Birkenau oder Treblinka,
mit dem Ziel, einen bestimmten Teil der Bevoelkerung
zu vernichten. Die japanische Armee hatte
keine vergleichbare Einheit wie Einsatzgruppe,
die darauf spezialisiert war, nach der Eroberung
des Gebiets einen bestimmten Teil der Bevoelkerung
zu vernichten. Es gab keine klar definierte
Rassenideologie wie bei den Nazis, die zum
Voelkermord gefuehrt hat.
Ich beschaeftige mich trotzdem mit der Aufarbeitung
der Geschichte in Deutschland, weil ich gerne
wissen moechte, ob es einem Volk gelingen
wird, das Vertrauen der Opfer zurueck zu
gewinnen.
Die Frage, ob eine Annaehrung fuer zwei Voelker
nach einer menschlichen Katastrophe moeglich
ist, betrifft nicht nur die Deutschen, sondern
uns auch.
Auch wenn wir Japaner keinen Voelkermord
begangen haben, haben wir auch den anderen
Voelkern grossen Schmerz zugefuegt. Ich versuche
immer herauszufinden, ob wir Japaner von
den Bemuehungen der Deutschen, sich mit der
Vergangenheit auseinander zu setzen, etwas
lernen koennen.
Der folgende Punkt ist sehr wichtig. Wir
koennen das, was die Deutschen fur die Aufarbeitung
der Vergangenheit tun, nicht hundertprozentig
nach Asien uebertragen und implementieren,
weil die geschichtliche Entwicklung, die
politische Situation und die Mentalitaet
der Voelker anders als in Europa sind.
Trotzdem finde ich manche Elemente lehrreich
fuer uns. Durch Recherche uber die Bemuehungen
der Deutschen habe ich gelernt, was wir Japaner
in den letzten 60 Jahren versaeumt haben.
Es zeigt sich an dem Ergebnis des Umgangs
mit der Vergangenheit. Auch wenn ein Land
keinen Voelkermord begangen hat, muss es
sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen.
Jedes Land muss selbst bestimmen, wie es
mit der Geschichte umgehen will. Der Umgang
mit der Vergangenheit hat grosse Auswirkungen
auf die heutige Gesellschaft.
Mit der sogenannten ?Globalisierungg gewinnt
meines Erachtens die Aufarbeitung der Vergangenheit
sogar an Bedeutung, weil die internationale
Abhaengigkeit steigt.
Wie sind die Beziehungen der Deutschen und
Japaner zu ehemaligen Opfervoelkern heute
im Licht des Geschichtsverstaendnisses?
Ich stelle fest, dass die Deutschen heute
mehr Vertrauen der ehemaligen Opfer als wir
Japaner geniessen. Im Bezug auf Vergangenheitsverstaendnis
ist die Situation in Asien viel angespannter
als in Europa. Das Nationalinteresse Japans
ist sogar durch den Konflikt um das Geschichtsverstaendnis
mit den Nachbarlaendern gefaehrdet. Ich sehe
keine aehnliche, ernsthafte Gefaehrdung fuer
Deutschland.
Woher kommt dieser Unterschied ?
In den letzten 60 Jahren, vor allem seit
Ende 60er Jahren, haben sich die Deutschen
in verschiedenen Bereichen mit der Vergangenheit
auseinander gesetzt. Ich finde die Intensitaet,
Vielfalt und Kontinuitaet dieser Bemuehungen
beeindruckend und einzigartig. Bisher habe
ich ueber folgende Beispiele in Deutschland
fuer die japanische OEffentlichkeit berichtet:
Die Hilfe fuer ehemalige Haeftlinge durch
die Nichtregierungsorganisationen,
Die Gespraeche mit den Opfern,
Die Studienreisen in die Laender, die von
Nazi-Deutschland besetzt wurden,
Die Schulbuchkonferenz,
Das intensive Informieren der Jugendlichen
ueber die Vergangenheit durch Geschichtsunterricht
Die strafrechtliche Verfolgung der Nazi-Verbrecher,
Die finanzielle Entschaedigung,
Die Auseinandersetzung durch Kunst, Reportragen,
Dokumentarfilme, Spielfilme, Nachrichten
Die Besuche der Spitzenpolitiker in den Gedenkstaetten
und die Schuldbekenntnis
Wenn die Deutschen diese Bemuhungen in den
letzten 60 Jahren versaeumt hatten, waere
die politische und wirtschaftliche Integration
Deutschlands in Europa nicht so weit wie
heute fortgeschritten. Das Misstrauen der
Nachbarlaender ueber die Wiedervereinigung
waere viel groesser gewesen.
Ich habe das Gefuehl, dass der Eindruck unter
den Nachbarlaendern wachst, dass Deutschland
in die europaeische Wertegemeinschaft tief
eingebettet ist und in Zukunft keinen Alleingang
mehr wagen wird. Die Deutschen haben nach
dem Zweiten Weltkrieg gezeigt, dass nicht
nur Nationalinteresse sondern auch Moral
eine Rolle in der Aussenpolitik spielen muss.
Ich weiss, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit
niemals perfekt sein und kein Ende haben
kann. Es gibt immer noch vergangenheitsrelevante
Probleme in Deutschland heute, die angegangen
werden muessen. Die Gewalttaten und Delikte
der Rechtsradikalen, das Phaenomen ?Martin
Walserg, der Anstieg des Stimmenanteils
der rechtsradikalen Parteien bei manchen
Landtagswahlen in den neuen Bundeslaendern,
der steigende Antisemitismus im bestimmten
Teil der Gesellschaft sind nur Beispiele.
Ich weiss, dass manche juedische Mitbuerger
die Entwicklungen in den letzten Jahren besorgt
verfolgen.
Ich finde die Ergebnisse der Meinungsumfragen,
die andeuten, dass fremdenfeindliche Gefuehle
in den neuen Bundeslaendern immer noch in
bestimmten Teilen der Bevoelkerung verbreitet
sind, schockierend.
Trotzdem stelle ich fest, dass sich die Deutschen
mit der Vergangenheit viel bewusster und
gezielter als wir Japaner beschaeftigt haben.
Deswegen sind die Beziehungen der Deutschen
mit den Nachbarlaendern und ehemaligen Opfern
heute viel weniger von Konflikt und Animositaet
als unsere Beziehungen zu Nachbarstaaten
gekennzeichnet.
Die Art und Weise, wie ein Land mit der Vergangenheit
umgeht, wirft Schatten auf die heutige Gesellschaft.
Wenn unsere Beziehungen zu asiatischen Nachbarn
heute wegen des Geschichtsverstaendnisses
angespannt sind, muss bei uns in den letzten
60 Jahren etwas schief gelaufen sein.
Ausserdem stelle ich fest, dass unter den
asiatischen Laendern der starke politische
Wille fehlt, einen Konsens bezueglich Geschichte
zu erreichen.
Ich haette mir gewuenscht, dass ich Ihnen
heute uber den Erfolg der Aufarbeitung der
Geschichte in Asien berichten koennte. Stattdessen
muss ich Sie leider ueber die Beispiele informieren,
wie schwer die Hypothek der Vergangenheit,
die unbearbeitet gelassen wird, die heutige
Gesellschaft belastet.
3
Die verhinderte Aufarbeitung der Vergangenheit
in Japan
3.1
Verschlechterung der Beziehung zu China und
Suedkorea durch Vergangenheit
Waehrend die wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen China, Suedkorea und Japan heute
bluehen, hat die politische Beziehung einen
Tiefpunkt erreicht. Im April 2005 haben zum
Beispiel mehr als 20.000 Chinesen in Protest
gegen das Verhalten der japanischen Regierung
zur Vergangenheit demonstriert, die japanische
Botschaft und Generalkonsulate mit Stein
beworfen und japanische Geschaefte beschaedigt.
In China sind normalerweise solche Demonstrationen
verboten, und diese gewalttaetige Demonstration
war offenbar von der chinesischen Regierung
geduldet.
Der Streit um das Geschichtsverstaendnis
hat die politische Beziehung zwischen China
und Japan vergiftet. Gegenseitige Besuche
zwischen den chinesischen und japanischen
Ministerpraesidenten in ihren eigenen Laendern
finden seit 6 Jahren nicht mehr statt. Es
ist nicht akzeptabel, dass die Spitzen der
zwei Regierungen seit Jahren nicht in der
Lage sind, wichtige politische und wirtschaftliche
Themen persoenlich zu eroertern. Aber wegen
der Meinungsverschiedenheiten bezueglich
Vergangenheit koennen sie keinen Ausweg aus
der Sackgasse finden.
Die Koreaner, ein anderes ehemaliges Opfervolk,
sind ueber das Verhalten der japanischen
Regierung tiefst veraergert. Letztes Jahr
hat der suedkoreanische Praesident Roh Moo-hyun
in einem Interview mit der Frankurter Allgemeine
Zeitung schwere Vorwuerfe gegen die japanische
Regierung bezueglich Vergangenheitsverstaendnis
erhoben. Er sagte, dass die Japaner ihre
frueheren Agressionskriege weisswaschen,
rechtfertigen und glorifizieren wollen. Er
hat ausdruecklich die Aussoehnungsprozesse
zwischen Deutschland und anderen europaeischen
Laendern gelobt und erkennen lassen, dass
er solche Prozesse in Ostasien vermisst.
Die japanische Regierung hatte zusammen mit
Deutschland und anderen Laendern einen staendigen
Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
angestrebt. China und Sudkorea waren logischerweise
total dagegen und haben dieses Streben vereitelt.
3.2 Streit um Yasukuni Schrein
Im Zentrum des Streits steht ein schintoistischer
Schrein in Tokio. Die Chinesen und die Koreaner
sind empoert, dass der japanische Ministerprasident
Koizumi, den Yasukuni Schrein offiziell fuenfmal
seit seinem Amtsantritt in 2001 besucht hat.
In diesem Schrein sind ca. 2,5 Millionen
japanische Generaele, Offiziere und Soldaten,
die im Zweiten Weltkrieg und anderen Kriegen
gefallen sind oder hingerichtet wurden, als
Gott geehrt.
Was die Chinesen, die Koreaner und die anderen
ehemaligen Opfervoelker veraergert ist, dass
auch 14 japanische Politiker und Generaele,
die von den Allierten als Kriegsverbrecher
verurteilt wurden, seit 1978 in diesem Schrein
als Gott geehrt sind.
Was ich besonders gefaehrlich finde ist das
Kriegsmuseum ?Yu-Shuu-kang neben dem Hauptgebaeude,
das diesem Schrein gehort. Als ich letztes
Jahr das Museum besuchte, war ich entsetzt,
weil die Geschichte der Aggression durch
die japanische Armee in Ostasien verharmlost,
verzerrt und sogar als Befreiungskrieg Asiens
von europaeischer und amerikanischer Herrschaft
dargestellt war. Wenn sich ein Asiate, der
die Familienangehoerige im Krieg verloren
hat, oder von der japanischen Armee misshandelt
wurde, diese Ausstellung anschauen sollte,
wuerde er total verunsichert sein, zu sehen,
dass die juengste Vergangenheit verschoenert
und einseitig dargestellt ist.
Das Massaker in Nanking, wo japanische Soldaten
Tausende von chinesischen Buergern vergewaltigt
und getoetet hatten, wurde nur als ?Vorkommnisse
in Nankingg bezeichnet. Die Massentoetung
und ?vergewaltigung durch japanische Soldaten
sind gar nicht erwaehnt.
Die Ausstellung betont, wie tapfer und heldenhaft
japanische Soldaten gekaempft haben aber
schweigt, wieviele Ostasiaten und Kriegsgefangene
der Allierten Streitkrafte unter der Unterdrueckung
und der Greueltaten der japanischen Armee
gelitten haben.
Im Museum sind zahlreiche Kampfflugzeuge,
Panzer und Geschutze der japanischen Armee
ausgestellt. Ich war auch ueberrascht, eine
Dampflokomotive der beruechtigten Tai-Men
Eisenbahnlinie zu sehen. Die japanische Armee
hat ca. 60.000 britische und australische
Kriegsgefangene und 300.000 asiatische Zwangsarbeiter
unter unmenschlischen Arbeitsbedingungen
eingesetzt, um innerhalb von 16 Monaten eine
Eisenbahnlinie von 415 Kilometer zwischen
Thailand und Burma zu bauen. Wegen Erschoepfung
und tropischen Krankheiten sind mindestens
12.000 Kriegsgefangene und 90.000 asiatische
Zwangsarbeiter ums Leben gekommen. Fuer Opfer
ist diese Dampflokomotive ein Symbol der
menschenverachtenden Behandlung durch die
japanische Armee. Im Museum habe ich keine
Erklaerung gefunden, dass die Bauarbeit dieser
Eisenbahnlinie so viele Menschenleben gekostet
hat.
Ich moechte hervorheben, dass dieser Schrein
und das Museum keine staatliche, sondern
eine private Institution sind.
Ich finde es trotzdem nicht akzeptabel, das
ein japanischer Ministerpraesident den Schrein
besucht, auf dessen Gelaende ein Museum mit
einem revisionistischen Inhalt steht. Der
Besuch vermittelt anderen Asiaten den Eindruck,
das die japanische Regierung den Aggressionskrieg
im Nachhinein fur richtig haelt.
Der Krieg des Wortes zwischen China und Japan
verschaerft sich. In diesem Marz hat der
chinesische Aussenminister gesagt, das er
kein Verstaendnis habe, warum ein fuehrender
japanischer Politiker, gemeint ist der Ministerprasident
Koizumi, so toericht und unmoralisch sein
kann. Er verletze durch Besuch des Yasukuni
Schreins das Gefuehl der ehemaligen asiatischen
Opfervoelker. Er sagte, in Deutschland nach
dem Krieg haetten keine fuehrenden Politiker
Hitler und andere Nazi-Schergen verehrt.
Koizumi weist die Kritik der Chinesen und
Koreaner zuruck und wiederholt immer, dass
er nur den Gefallenen eine Ehre erweisen
will, weil das moderne Japan auf ihrem Opfer
wiederaufgebaut wurde.
Fur die konservative Partei LDP, den Koizumi
fuehrt, ist der Verband der Familienangehoerigen
der Kriegsgefallenen immer noch eine wichtige
Waehlerschaft. Bevor er zum Parteivorsitzenden
gewaehlt wurde, hatte er oeffentlich versprochen,
den Yasukuni Schrein zu besuchen, wenn er
Ministerpraesident werden wuerde. Koizumi
geniesst in Japan Popularitaet, weil viele
Japaner denken, dass er kein Wendehals ist
und sich an seine Versprechungen haelt.
Die japanischen Unternehmen, die stark vom
chinesischen Markt abhaengig sind, sind tief
besorgt. Ein japanischer Arbeitgeberverband
zum Beispiel hat vor kurzem den Ministerpraesidenten
darum gebeten, den Schrein nicht mehr zu
besuchen.
3.3 Debatte um Schulbuch
Ein anderer wichtiger Streitpunkt zwischen
asiatischen Laendern und Japan sind die Geschichtsbuecher,
die in den Schulen verwendet werden. Im April
2001 hat das japanische Erziehungsministerium
ein neues Schulbuch fuer den Geschichtsunterricht
der Mittelstufe genehmigt, das von rechtskonservativen
Autoren verfasst wurde. Diese Genehmigung
hat die Empoerung und den Protest von China
und Suedkorea hervorgerufen.
Dieses Schulbuch wurde von der ?Organisation
fur neue Geschichtsbuecherg geschrieben.
Diese Organisation haben im Jahr 1997 rechtskonservative
Historiker, Journalisten und Komikbuchzeichner
gegruendet. Sie betrachten die bisherige
Geschichtsdarstellung in vielen Schulbuechern
als zu selbstkritisch und wollten ein Schulbuch
schreiben, das den Stolz auf das eigene Land
wecken soll.
Zum Beispiel ist das Massaker in Nanking
in diesem Schulbuch wie folgt kurz und verharmlost
dargestellt: ?Als die japanische Armee im
Dezember 1937 die Hauptstadt Nanking besetzt
hat, gab es viele Tote und Verletzte auch
unter der Bevoelkerung(Nanking Vorkommnis).g
Ausserdem behauptet dieses Schulbuch, das
der Zweite Weltkrieg auch positive Auswirkungen
hatte. Es schreibt, dass ?der Sieg der japanischen
Streitkraefte am Anfang des Zweiten Weltkrieges
gegen die Amerikaner, Hollaender und Englaender
den Asiaten die Hoffnung auf die Unabhaengigkeit
von der Kolonialherrschaft der Weissen in
Zukunft gegeben haette.g Aber es erwaehnt
die Greueltaten der japanischen Armee kaum
und die Zwangsarbeit nur fluechtig. Die Tatsache,
dass die japanische Armee asiatische Frauen
zur Prostitution gezwungen hat, ist nicht
erwaehnt.
Die meisten deutschen Schulbuecher schildern
die Gewaltherrschaft und Greueltaten der
Nazis detailliert und widmen fast 70 Seiten
der Zeit zwischen dem Aufstieg der NSDAP
und dem Untergang des Dritten Reichs. Im
Gegensatz dazu schildern alle japanische
Geschichtsbuecher die Tatsache, dass Japan
Aggressor war, relativ kurz und knapp. Die
meisten Japanischen Schulbuecher widmen nur
noch 20 Seiten der Zeit zwischen dem Einmarsch
der Japaner in China und dem Ende des Zweiten
Weltkrieges. Die Details von Greueltaten,
Massaker, Vertreibungen, Massenhinrichtungen
durch die japanische Armee werden nicht erwaehnt.
Im Gegensatz zu Geschichtsunterricht in Deutschland
gibt es in Japan kaum Diskussionen waehrend
des Unterrichts. Die meisten Lehrer legen
mehr Wert darauf, dass die Schueler die Ereignisse,
die Personennamen und das Jahr auswendig
lernen, als ihre eigene Meinung zu geschichtlichen
Tatsachen zu bilden.
Eine Schulbuchkonferenz mit anderen Laendern
spielt meines Erachtens eine wichtige Rolle,
um einen Konsens im Geschichtsverstaendnis
zu erreichen.
Jedoch gibt es bei uns noch keine Schulbuchkonferenz
mit China. Japanische Historiker haben zwar
2001 endlich eine Arbeitsgruppe fuer gemeinsame
Geschichtsforschung mit suedkoreanischen
Historikern gegruendet. Aber die Diskussion
steckt noch in der Anfangsphase. Heikle Themen
wie Zwangsprostitution der Koreanerinnen
wurden ausgeklammert, damit sich die Diskussion
nicht festfaehrt. Im Vergleich zum Georg-Eckert
Institut fur internationale Schulbuchforschung,
das vor 55 Jahren seine Arbeit aufgenommen
hat, haben die Japaner meines Erachtens mit
dieser wichtigen Arbeit viel zu spaet angefangen.
Es ist der Grund, warum die junge Generation
in Japan zu wenig ueber die Vergangenheit
informiert ist.
3.4 Geschichtsverstaendnis der Japaner
Warum haben wir Japaner lange versaeumt,
uns mit der Vergangenheit auseinander zu
setzen? Eine Antwort zu dieser Frage liegt
zum Teil in der Besatzungspolitik der Amerikaner
nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Oberbefehlshaber
der Besatzungsmacht Douglas McCarthur hat
in Beruecksichtigung der Empfehlungen der
amerikanischen Japanologen entschieden, den
japanischen Kaiser Hirohito als Kriegsverbrecher
nicht zu bestrafen. Ihm wurde zwar jegliche
politische Macht entzogen, aber er durfte
als Symbol des japanischen Staates seinen
Posten behalten.
Stattdessen wurden 25 Generaele und Politiker
vom Internationalen Militaertribunal als
Kriegsverbrecher verurteilt, und 7 davon
wurden hingerichtet. Ausserdem wurden 980
japanische Offiziere und Soldaten wegen der
Greueltaten in verschiedenen asiatischen
Laendern als Kriegsverbrecher verurteilt
und hingerichtet.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges galt
der Kaiser nicht als Mensch sondern als Gott
und Vater des japanischen Volks. Die Amerikaner
dachten, dass sie Japan besser verwalten
koennen, wenn sie den Kaiser nicht bestrafen.
Sie sahen schon den neuen Feind am Horizont.
In China hatten die Kommunisten Oberhand,
und auch in Asien zeichnete sich der Kalte
Krieg ab. Die Amerikaner wollten Japan in
einen zuverlaessigen Buendnispartner und
ein Bollwerk gegen die kommunistische Bedrohung
umwandeln.
Diese Rechnung ging auf, und Japan ist heute
ein demokratischer Staat und einer der treuesten
Buendnispartner der USA. Die erfolgreiche
Besatzungspolitik hatte jedoch auch negative
Nachwirkungen. Der Kaiser war der Oberbefehlshaber
der japanischen Streitkraefte waehrend des
Krieges.
Weil er nicht bestraft oder abgesetzt wurde,
hat die japanische Gesellschaft von heute
eine staerkere Kontinuitaet der Vorkriegsgesellschaft
als in Deutschland. Der Bruch mit dem Vorkriegssystem
ist nicht so eindeutig wie in Deutschland.
Dieses Kontinuitatsgefuehl schwaecht den
Willen, sich kritisch mit der Vergangenheit
auseinander zu setzen.
Ausserdem ist das Opfergefuehl unter der
Bevoelkerung viel staerker als das Gefuehl,
Taeter gewesen zu sein. Dieses Gefuehl ist
viel tiefer eingepraegt als bei den Deutschen.
Alle japanische Grossstaedte wurden wegen
des Luftangriffs der Allierten dem Boden
gleich gemacht. Wir sind das einzige Volk
in der Welt, das die Atomangriffe erlebt
hat. In Hiroshima und Nagasaki sind mindestens
340.000 Menschen umgekommen.
Bei uns gibt es immer noch stille und latente
Wut gegen die Amerikaner, uns zu Versuchskaninchen
der ersten Atomwaffe gemacht zu haben, obwohl
dieses Gefuehl nie oeffentlich zugegeben
wird. Auch dieses Erlebnis hat die Bereitschaft
geschwaecht, unsere eigene Vergangenheit
als Taeter proaktiv aufzuarbeiten.
Als ich 1989 die Gedenkstaette zum Atomangriff
in Hiroshima besucht habe, fuehlte ich mich
in zweifacher Hinsicht entsetzt und betroffen.
Erstens wurde ich von der menschlichen Tragoedie
und dem grossen Leiden, die die Buerger der
Stadt erleben mussten, uberwaeltigt. Unter
den Exponaten sind zum Beispiel ein Stueck
Menschenhaut, die vom Atomstrahl verbrannt
wurde oder ein Fahrrad und eine Uhr, die
in der Hitze verschmolzen sind.
Auf der anderen Seite fand ich es problematisch,
dass die Darstellung der kausalen Zusammenhaenge
gefehlt hat. Ich habe damals keine Erklaerung
in der Gedenkstaette gefunden, dass es Japan
war, das den Krieg angefangen hat, wie der
Krieg im Pazifik zum Wurf der Atombombe gefuehrt
hat und welche Schaeden die japanische Armee
den anderen Laendern zugefugt hat. Manche
europaeische Diplomaten, die diese Gedenkstaette
besucht hatten, teilten meine Meinung. Ich
moechte allerdings betonen, dass die Internetseite
der Gedenkstaette zeigt, dass heute Erklaerungen
zu kausalen Zusammenhaengen hinzugefuegt
wurden, und die Ausstellung weniger einseitig
als vor 17 Jahren ist.
Diese Umstaende haben dazu gefuehrt, dass
die Japaner heute mehr um ihre eigenen Opfer
als die Opfer der Laender trauern, die sie
ueberfallen haben. Die Romane, Komikbuecher
und Spielfilme, die die Tapferkeit der eigenen
Soldaten waehrend des Zweiten Weltkrieges
betonen, sind viel erfolgreicher als die
Buecher oder Filme, die sich kritisch mit
der Vergangenheit auseinandersetzen. Nationalkonservative
Zeitschriften und Verlage sind populaerer
als liberale, linksorientierte Presse. Es
gibt latente Selbstzensur bei manchen Autoren
und Verlagen, weil man Angst vor Attentaten
und Schikanen der japanischen Rechtsradikalen
hat.
Auch die Mentalitaet der Japaner spielt eine
Rolle. Die Erinnerungskultur ist leider kein
wichtiger Bestandteil der japanischen Identitaet.
Die Japaner sind tendenziell pragmatisch
und legen einen grossen Wert darauf, negative
Erfahrungen in der Vergangenheit unter den
Teppich zu kehren und die Konfliktfreiheit,
Harmonie und Innovationen anzustreben.
Im Gegensatz dazu spielt die Geschichte fur
die Chinesen eine groessere Rolle als Orientierungsmodell
fuer heute als in Japan. Deswegen verstehen
viele japanische Politiker nicht, warum sich
chinesische Politiker hartnaeckig mit der
Vergangenheit beschaeftigen.
In Japan gibt es generell viel weniger Interesse
zur Aufarbeitung der Geschichte. Die Medien
beschaeftigen sich mit diesem Thema viel
weniger als in Deutschland.
4 Japan muss handeln.
Ich moechte allerdings den Eindruck vermeiden,
das sich die japanische Regierung noch nie
entschuldigt hat. 1993 hat der damalige japanische
Ministerpraesident Hosokawa zum ersten Mal
die Kriegsfuehrung der japanischen Armee
oeffentlich als ?ungerechte Aggressiong
kritisiert und das Bedauern ausgesprochen,
das es unter den Asiaten viele Kriegsopfer
gab.
1995 hat der Ministerpraesident Murayama
die Schaeden und den Schmerz, die Japan asiatischen
Nachbarn zugefuegt hatte, bedauert und sich
entschuldigt. Zum 50. Jahr nach der Niederlage
hat sich das Unterhaus des japanischen Parlaments
in einem offiziellen Beschluss die Aggression
durch die japanische Armee verurteilt und
die Schaeden und Schmerz, die anderen Asiaten
zugefuegt wurden, bedauert.
Die japanische Regierung hat 1993 zum ersten
Mal bestaetigt, dass die japanische Armee
bei der Rekrutierung der Zwangsprostituierten
involviert war und sich entschuldigt.
Der suedkoreanische Praesident Roh sagt jedoch
dazu: ?Es stimmt, dass Japan sich verschiedentlich
entschuldigt hat. Aber Ereignisse der juengsten
Zeit haben diese Entschuldigungen gleichsam
annulliert. Eine Entschuldigung ist nur in
dem Masse gueltig, wie anschliessende Handlungen
sie nicht untergraben.g Die chinesische
und suedkoreanische Regierungen verlangen,
dass Japan mit entsprechenden Handlungen
unterstreichen soll, dass seine Entschuldigungen
in der Vergangenheit ernst gemeint waren.
Ich persoenlich bin pessimistisch und erwarte
keine Entspannung des Streits um die Vergangenheit
in absehbarer Zukunft. China kritisiert Japan
heftiger und lauter als frueher, weil es
eine Wirtschaftsmacht geworden ist. China
hat 2004 als Exportnation Japan ueberholt
und ist der drittgroesste Exporteur der Welt
nach Deutschland und den USA. In ein Paar
Jahrzehnten wird es auch an Bruttosozialprodukt
Deutschland und Japan ueberholen. Eine Aufarbeitung
der Vergangenheit wird keinen Erfolg haben,
wenn es auf Druck der anderen Nation stattfindet.
Es muss auf die eigene Initiative hin passieren.
Es wird erwartet, dass der Nachfolger von
Koizumi auch nationalkonservative Tendenz
haben wird. Die kuenftige japanische Regierung
wird wahrscheinlich nicht anfangen, sich
ernsthaft mit der Vergangenheit zu beschaeftigen,
weil man den Anschein vermeiden will, dass
Japan sich dem Druck der Chinesen gebeugt
hat. Ich spuere Angst der Japaner, in Zukunft
wirtschaftlich auf einen kleinen Nachbarstaat
Chinas zu schrumpfen. Nur damit kann ich
die Popularitaet der nationalkonservativen
Politiker bei uns erklaeren.
Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass
China noch kein demokratischer Staat mit
Meinungsfreiheit ist. Die Chinesen setzen
die Vergangenheit oft als Druckmittel ein.
Japanische konservative Intellektuelle kritisieren,
dass die chinesische Regierung mit patriotischer,
einseitiger Geschichtserziehung das Misstrauen
der chinesischen Bevoelkerung gegen Japan
schuert.
Dieser Character der chinesischen Gesellschaft
erschwert eine sachliche, emotionsfreie Diskussion
um geschichtliche Tatsachen erheblich. Zum
Beispiel gibt es zwischen China und Japan
immer noch keinen Konsens zur Zahl der Opfer
des Massakers in Nanking. Waehrend japanische
Forscher die Zahl der Opfer auf knapp 50.000
schaetzen, behauptet die chinesische Seite,
dass 300.000 Personen umgebracht wurden.
Meines Erachtens sind 50.000 schlimm genug.
Revisionistische Autoren in Japan, die das
Ausmass des Massakers oeffentlich bezweifeln,
werden nicht strafrechtlich verfolgt.
Es mag sein, dass China die Vergangenheit
als Druckmittel in der Aussenpolitik benutzt.
Aber so lange wir Japaner mit der Aufarbeitung
der Vergangenheit nicht anfangen, bleiben
wir angreifbar und erpressbar, weil wir den
Chinesen als Beweis nicht zeigen koennen,
dass wir uns mindestens darum bemuehen, die
Vergangangenheit kritisch aufzuarbeiten.
Auch der Streit um die Vergangenheit mit
Suedkorea eskaliert, weil Suedkorea den Territorialdisput
um eine kleine unbewohnte Insel im Japanischen
Meer damit verbindet. Die Suedkoreaner nennen
es Dokdo und behaupten, dass Japan die Insel
1905 illegal besetzt hatte. Die Japaner nennen
die Insel Takeshima und betrachten es als
eigenes Territorium.
In allen 3 Laendern erhitzen sich die Gemueter,
was die emotionsfreien Gespraeche um ein
gemeinsames Geschichtsverstaendnis verhindert.
Alle 3 Laender sollten zur Ansicht kommen,
dass eine weitere Zuspitzung des Konflikts
das Interesse der gesamten Region beeintraechtigt.
Was ich bei der Diskussion in Asien besonders
vemisse, ist die Sicht der Opfer und die
Gespraeche zwischen den asiatischen Opfern
und den Japanern, was bei den Bemuehungen
zur Annaehrung unabdingbar ist. Die Disukussionen
sollten meines Erachtens weniger von Staatschefs
oder Aussenministern und mehr von Historikern
und Nichtregierungsorganisationen gefuehrt
werden. Wir Japaner sollten versuchen, asiatischen
Opfern intensiver zuzuhoeren.
Alle drei Laender sollten sich zunaechst
um eine Entschaerfung der Konflikte bemuehen.
Ein japanischer Ministerpraesident sollte
meiner Meinung nach nicht mehr den umstrittenen
Schrein als offiziele Person besuchen. Die
Regierung sollte eine getrennte Gedenkstaette
fuer alle Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges
einschliesslich asiatische Opfer bis auf
hingerichtete Kriegsverbrecher bauen, und
der Ministerpraesident soll diese Gedenkstaette
besuchen, wenn er den Gefallenen die Ehre
erweisen will.
China und Suedkorea sollten den Ton der Kritik
entschaerfen und die Diskussion um ein gemeinsames
Geschichtsverstaendnis in einer Historikerkommission
mit den Japanern beginnen.
Insbesondere finde ich es wichtig, dass China,
Suedkorea und Japan einen Konsens zur Darstellung
der Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert
im Schulbuch erreichen. Viele Japaner finden
die Geschichtsdarstellung im Schulbuch in
China und Suedkorea zu einseitig und emotionsgeladen.
Manchmal bedrueckt mich die lange Liste der
Hausaufgaben, die 60 Jahre lang unbearbeitet
liegen geblieben sind, und die wir Japaner
noch anpacken muessen. Im Gegensatz zu Deutschland
ist die Erinnerungskultur in Japan noch kein
fester Bestandteil der Politik und Gesellschaft.
Uns fehlt eine Nichtregierungsorganisation
wie Aktion Suehnezeichen oder ein Amt wie
Bundeszentrale fur Politische Bildung.
Wir Japaner muessen uns jedoch beeilen. Je
laenger die Hypothek der unbearbeiteten Vergangenheit
liegen bleibt, desto groesser werden die
negativen Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft.
Je weniger Augenzeugen und UEberlebende es
gibt, desto schwieriger wird die Diskussion
aus der Sicht der Opfer.
Ich sehe erste Anzeichen, das der Streit
um die Vergangenheit zu einem dauerhaften,
emotionsgeladenen Konflikt mit China und
Suedkorea eskalieren kann.
Wir muessen dem Anstieg des Nationalismus
in Japan und den anderen asiatischen Laendern
so bald wie moeglich einen Riegel vorschieben.
Wir wissen aus der Geschichte, das das Aufflammen
des Nationalismus in meisten Faellen in eine
Katastrophe muendet.
Vielen Dank fur Ihre Aufmerksamkeit.